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Jetzt oder nie – Ein Interview mit Marco Girnth

Marco Girnth über die Sicherheit, die ein Jura-Studium mit sich bringt und seinen unsicheren Weg in eine erfolgreiche Schauspielkarriere

Wir trafen Herrn Girnth in einem französisch angehauchten Café in Berlin. Schon einige Sekunden nachdem er reinkam, hat er uns mit seiner lockeren, witzigen und freundlichen Art, die Aufregung genommen. Marco Girnth studierte mit voller Leidenschaft Jura an der Universität Köln. Nach seinem ersten Staatsexamen hat er durch Zufall einen Weg eingeschlagen, der ihn noch mehr in den Bann zog: die Schauspielerei.

Fehlte Ihnen schließlich die Passion bzw. die Vorliebe für Jura?

Nein. Wäre mir die Schauspielerei nicht in die Quere gekommen, wäre ich wohl auch mit Jura glücklich geworden. Ich habe enorm viel Energie in mein Studium investiert. Wir waren eine Gruppe von fünf bis sechs Freunden und wollten unbedingt alle einen Freischuss. Das Examen sollte dazu noch gut werden. Wir hatten alle eine Art „VB- Pflicht“. (lacht)

Warum haben Sie sich damals für ein Jurastudium entschieden?

Ich gehörte nie zu denjenigen, die früh wussten, was sie wollen. Das Einzige, was ich wusste, war, dass ich nach der Schule studieren wollte. Ich komme aus einem akademisch geprägten Haushalt, der überhaupt nichts mit künstlerischen Ambitionen zu tun hatte. Deshalb habe ich auch nicht daran gedacht, auf eine Schauspielschule zu gehen, obwohl mich diese Branche schon immer fasziniert hat.

Ich habe damals in Köln gelebt und um meiner Leidenschaft nachzugehen, bin ich mit 16 Jahren zu öffentlichen Kinder- und Jugendcastings des WDR gegangen. Da ich aber lediglich Nebenrollen bekam, habe ich den Gedanken an die Schauspielerei zunächst nicht weiter verfolgt. Den Zivildienst nach der Schule nahm ich dankend an, weil ich Zeit gewinnen wollte, um mich zu orientieren. Die Tatsache, dass ich mich für Jura entschieden habe, hatte zwei Hauptgründe: Zum einen gab es an der Universität Köln keinen NC, zum anderen kam ich in diesem Fach nicht häufig mit Mathematik in den Kontakt. Mit Jura erhoffte ich mir „etwas Vernünftiges“ zu studieren und konnte meinen Vater damit zunächst beruhigen.

Haben Ihre Eltern also auch zu Ihrer Entscheidung beigetragen?

Mein Vater ist promovierter Betriebswirt. Er hat sich mit einer Stahlhandelsfirma selbstständig gemacht, die jedoch Insolvenz anmelden musste. Durch das Beispiel meines Vaters war mir immer vor Augen geführt, dass eine akademische Ausbildung keine Garantie für ein finanziell abgesichertes Leben sein muss. Dieses Denken habe ich verinnerlicht, sodass es mich in meinem Leben vor allem bezüglich der Berufswahl beeinflusst hat. Sich davon freizumachen ist ein langer Prozess.

Wann wurde Ihnen klar, dass Ihre Zukunft in der Schauspielerei statt in der Ausübung eines juristischen Berufes liegt?

In der Examensphase vermittelte mir die Agentur, mit der ich zuvor bereits zusammen gearbeitet hatte, ein Casting für die Daily-Soap „Unter Uns“. Obwohl meine Zeit sehr begrenzt war, nahm ich teil, um zu sehen, ob ich überhaupt eine Chance hätte. Getragen von dieser Lockerheit ging ich durch das Casting und habe die Rolle bekommen. Auf einmal kam dieser alte Traum wieder hoch und ich habe den Gedanken erneut aufgenommen und zugesagt. Nach dem Examen bekam ich eine Anfrage für eine Hauptrolle bei „Unter Uns“. Da ich auf meinen Referendariatsplatz warten musste, konnte ich zusagen. Nach dem ersten Jahr wurde mir angeboten, meine Drehzeit zu verlängern und ich schob das Referendariat um ein weiteres Jahr. Während dieser Zeit bekam ich eine Anfrage für einen Kinofilm. In dem Moment musste ich mich entscheiden.

„Der Zug fuhr bereits aus dem Bahnhof ab und ich bin noch hinten drauf gesprungen.“

Was hat Sie dazu bewogen in diesem Moment den beständigeren und sichereren Beruf eines Juristen für den unsichereren und unbeständigeren Beruf eines Schauspielers aufzugeben?

Rational kann ich meinen Berufswechsel nicht erklären. Mit 14 Jahren habe ich mit ein paar Freunden angefangen, kleine Filme zu drehen. Das hat mich damals schon sehr begeistert, allerdings wusste ich nicht, wie vielseitig diese Branche ist. Ich mochte es einfach, filmisch Etwas zu erzählen. Es war das Medium der Schauspielerei, was mich faszinierte. Mein Bauchgefühl hat schließlich entschieden. Ich hatte einfach wahnsinnig Lust darauf. Die Schauspielerei war genau das, was ich eigentlich immer machen wollte. Der Zug fuhr bereits aus dem Bahnhof ab und ich bin noch hinten drauf gesprungen. So habe ich das damals gesehen: Jetzt oder nie. Ich habe also intuitiv ein ordentliches Examen gegen einen Beruf eingetauscht, von dem ich eigentlich gar keine Ahnung hatte.

Wie hat Ihr Umfeld auf den Berufswechsel reagiert? Wurden Sie bei Ihrer Entscheidung unterstützt?

Der Berufswechsel war natürlich ein gewagter Schritt und hat meinen Eltern Sorgen bereitet. Ich konnte sie aber mit dem Argument, dass ich die Schauspielerei lediglich zur Überbrückung meiner Wartezeit auf eine Referendariatsstelle nutze, beruhigen. Zwei Jahre lang haben meine Eltern gedacht, dass die Schauspielerei nur eine absehbare Phase wär. Dieser Gedanke hat mich sogar selbst beruhigt, da ich immer auf meine Ausbildung zurückgreifen konnte.

Meine studienbegleitenden Freunde hingegen haben mir ihre Meinung nie direkt ins Gesicht gesagt, sich aber mit Sicherheit sowas gedacht wie: „Mensch Marco, was machst du denn da jetzt.“ – verständlicherweise.

Würden Sie anderen heute noch raten in die Schauspielerbranche zu wechseln?

Meinem Sohn beispielsweise würde ich eher davon abraten, da der Beruf nicht leicht zu händeln ist. Den „Glamour-Faktor“ haben vielleicht zwei bis drei Prozent in der Branche. Alle anderen müssen hart arbeiten und mit großen Existenzängsten leben. Eine gute Ausbildung und ein gewisses Talent garantieren in der Branche nicht unbedingt Erfolg: Am Set habe ich

bereits viele überaus talentierte Kollegen getroffen, die kaum Aufträge bekommen. Trotz der Erfahrung meines Vaters ist es in anderen Berufen, zum Beispiel dem eines Juristen, sicherlich einfacher mit Ambitionen und guter Ausbildung einen Job zu finden.

Meinen Sie, dass Ihr Studium Ihnen in Ihrem jetzigen Beruf bzw. allgemein im Leben weiterhilft?

Ich denke schon. Bei „SOKO Leipzig“ haben wir des Öfteren mit juristischen Fragen zu tun. Wenn ich das Drehbuch lese, frage ich mich oft, ob wir die Texte in dieser Form sagen dürfen. Hierbei kommen die im Studium erlernten fachlichen Fähigkeiten zum Tragen und ich mische mich gelegentlich ein. Ansonsten stehen uns ohnehin für die Beratung Polizeibeamte zur Verfügung, die unsere Skripte oder unter Umständen auch von uns vorgeschlagene Änderungen absegnen. Meine sich im Studium abzeichnende Vorliebe für Strafrecht kann also in der Schauspielerei hilfreich sein.

Zudem greife ich heute noch auf die damals angeeignete Arbeitshaltung zurück. Ich erkenne schnell die Probleme und Schwierigkeiten der Handlung und meiner Rolle und kann mich mit ihnen entsprechend früh auseinander setzen. Dadurch bin ich am Set immer recht gut vorbereitet.

Können Sie uns sagen, was Ihnen sehr gut am Studium gefallen hat und was gar nicht?

Ich empfand Jura in den ersten zwei Jahren, im Vergleich zu anderen Studiengängen, als relativ leicht und man hatte dementsprechend viel Freizeit. In jedem Fach wurde eine Klausur und eine Hausarbeit geschrieben. Erst als ich ins Repetitorium kam, habe ich gemerkt, was es heißt, „wirklich“ zu studieren. Ab diesem Zeitpunkt war das Studium mit viel Fleiß und Arbeit verbunden. Was mir gut gefallen hat, ist die Tatsache, dass man durch das Jurastudium sehr breit aufgestellt ist.

Natürlich war das Studium – sowohl fachlich als auch persönlich – eine prägende Zeit. Jura interessiert mich bis heute und ich bin immer noch mit meinen Kommilitonen, mit denen ich in einer WG gewohnt habe, gut befreundet. Alles in allem hat es mir Spaß gemacht.

Haben Sie jemals in Betracht gezogen, eines Tages doch noch als Jurist zu arbeiten?

Ich könnte es mir theoretisch vorstellen. Um jedoch ein erfolgreicher Jurist zu werden, habe ich mich zu lange nicht mehr mit dem Thema beschäftigt. Ich habe schließlich auch nie praktisch gearbeitet und das unterscheidet mich von den praktizierenden Juristen sehr. Man muss das erlernte Wissen umsetzen können und die Gepflogenheiten der Branche kennen, um ein guter Jurist zu sein. Ich könnte mir allerdings – bei genügend Freizeit – vorstellen, zu einem Thema zu promovieren. So wie es im Moment ist, gefällt es mir und ich würde die Zeit am liebsten für eine gewisse Dauer anhalten.

„Eine akademische Ausbildung muss keine Garantie für ein finanziell abgesichertes Leben sein.“

Was für ein Lerntyp waren Sie? Bevorzugten Sie eine Vorlesung oder haben Sie sich lieber allein mit dem Lehrbuch beschäftigt?

Sowohl als auch, denn das Wissen setzt sich gut, wenn man vor der Vorlesung bereits das Lehrbuch gelesen hat. Man konnte die Aspekte, die nachher in der Vorlesung thematisiert wurden, besser verstehen. Ich habe mich mit den Themen immer gerne schon vorher beschäftigt, um in der Vorlesung das Erlernte zu überprüfen.

Das Jurastudium hat Ihnen viel Zeit gekostet. Zeit, die Kollegen von Ihnen in eine längere professionellere Ausbildung stecken konnten. Sehen Sie für sich selbst einen Nachteil darin? 

Ja, wenn ich noch einmal von vorne anfangen dürfte, hätte ich mich nicht für Jura entschieden und wäre direkt auf eine Schauspielschule gegangen. Die drei Schuljahre, in denen man sich ausprobieren und Erfahrungen sammeln kann, halte ich für wesentlich. Eine professionelle Ausbildung kann in Situationen, in denen man unsicher ist, hilfreich sein. Ich bin vielmehr reingestolpert und konnte deswegen in schwierigen Situationen nicht auf die in der Ausbildung erlernten Hilfestellungen zurückgreifen. Deswegen habe ich viel Geld in privaten Schauspielunterricht investiert. Wenn ich eine schwierige Rolle bekam, für die der Drehstart bereits in der nächsten Woche angesetzt wurde, fühlte ich mich gelegentlich überfordert. Dass ich mich in solchen Situationen sicher fühle, hat gedauert.

Was sollte man Ihrer Meinung nach mitbringen, um erfolgreicher Schauspieler -wie Sie es sind- zu werden?

Es schadet nicht, schon früh zu wissen, was man machen will und dementsprechend eine Schauspielschule zu besuchen. Allerdings kenne ich Kollegen, die anderer Meinung sind. Mir persönlich hätte eine professionelle Ausbildung mehr Selbstwertgefühl und eine gewisse Sicherheit verschafft.

Das lässt sich aber nicht allgemein für alle Schauspieler beantworten. In der Branche gibt es so viele unterschiedliche Charaktere, da kann alles funktionieren. Was man auf jeden Fall – wie für jeden anderen Beruf auch – braucht, ist Leidenschaft.

Betrachtet man Ihre Filmografie, so fällt auf, dass eine deutliche Tendenz in Richtung Krimi zu erkennen ist. Was reizt Sie an diesem Genre besonders?

Ich glaube, das hängt vor allem damit zusammen, dass bestimmt 80 Prozent der

deutschen Filmproduktionen Krimis sind. Mit dem Genre können unglaublich viele Geschichten erzählt und fast alles thematisiert werden. Daneben hat ein Krimi eine gewisse Faszination für das Publikum. Deutschland ist eigentlich ein „Krimiland“.(lacht)

Präferieren Sie es für eine längere Zeit in Fernsehserien und Filmreihen mitzuwirken oder bevorzugen Sie die Kurzlebigkeit einer einfachen Filmproduktion?

Pauschal hat sich für mich keine eindeutige Tendenz gezeigt. Das hängt in der Regel vom jeweiligen Projekt ab. Es gibt Filme, die viel Spaß machen, weswegen man die Zeit gerne zurück drehen oder verlängern möchte. Und wiederum gibt es Filmproduktionen, bei denen die Drehzeit nicht so toll war. Bei den Serien verhält es sich ähnlich.

Für „SOKO Leipzig“ drehe ich jetzt seit 15 Jahren. Das gesamte Team ist für mich mittlerweile eine Art Ersatzfamilie geworden. Alles hat sich gut eingefügt. Das würde ich wirklich vermissen, wenn es vorbei wäre.

Natürlich ist es schön, wenn man kontinuierlich Filmrollen bekommt, sodass man davon leben kann und die unterschiedlichsten Rollen spielen darf. Auf der anderen Seite können nacheinander laufende Filmproduktionen eine Prüfung für das Familienleben sein. Man dreht an den unterschiedlichsten Orten. Die Privatkomponente lässt sich hervorragend mit der Arbeit vereinen, wenn man vor Ort ist. Leipzig ist schon fast ein Vorort von Berlin geworden und ich konnte mein Kind aufwachsen sehen. Serien- und Filmproduktionen haben gleichermaßen ihre Vor- und Nachteile.

Wie sieht ihr typischer Tagesablauf aus?

Während des Drehs von „SOKO Leipzig“ habe ich immer viel Stress. Gedreht wird meistens von morgens bis abends. An freien Tagen fehlt mir manchmal die Struktur in meinem Tagesablauf und das überfordert mich. In dieser Zeit besteht mein Alltag aus einem Gewirr von ganz verschiedenen Aufgaben. Dies beginnt mit einer Joggingrunde am Morgen und endet mit einem Termin für ein Synchronsprechen am Nachmittag. Allerdings fällt es mir in meiner Freizeit oft schwer, abzuschalten und zu entspannen.

Sie haben ihre Kollegin Katja Woywood 1998 geheiratet. Häufiger kommt es vor, dass Prominente einen Partner finden, der ebenfalls eine Person des öffentlichen Lebens ist. Können Sie uns sagen, woran das liegt?

Man geht nicht kalkuliert vor. Ich habe mir meine Frau nicht danach ausgewählt, dass sie mir Verständnis für meine mit dem Job verbundene längere Abwesenheit entgegen bringt. Ich glaube das liegt – wie in jedem anderen Beruf auch – daran, dass man am Arbeitsplatz Menschen kennenlernt und über diesen Weg Nähe aufbaut. Ich kenne viele Juristen, die mit Juristinnen zusammen sind. Man sucht sich einen Partner, der zu einem passt und man lernt denjenigen in seiner Branche kennen.

Ist es schwierig, für Sie -als verheirateter Mann- Rollen zu spielen, bei denen Sie die Liebe zu einer anderen Frau vorspielen?

Nein, überhaupt nicht. In dieser Hinsicht kann es von Vorteil sein, dass Katja und ich in derselben Branche tätig sind. Liebesszenen sind sehr arbeitsreich und daher unromantisch für einen Schauspieler/eine Schauspielerin. Man weiß natürlich, dass das Näherkommen trotzdem eine Gefahr darstellen kann. Wenn eine Beziehung aber bereits wackelt, dann muss eine Liebesszene nicht unbedingt der ausschlaggebende Punkt für eine Trennung sein. Hin und wieder kommt es vor, dass wir uns vorher den Ratschlag geben, aufzupassen, aber das ist eher augenzwinkernd mit einem Funken Ernsthaftigkeit gemeint. Grundsätzlich bedarf es aber immer ein gewisses Grundvertrauen, was genauso in anderen Berufen notwendig ist.

Sie wohnen in Berlin, sind glücklich verheiratet und haben einen Sohn. Für Ihre Filmrollen müssen Sie jedoch für eine gewisse Zeit von Berlin Abschied nehmen. Ist es sehr schwierig, diese Abwesenheit und den damit verbundenen vollen Zeitplan mit der Familie in Einklang zu bringen?

Das Privatleben mit dem Beruf zu vereinen war schwieriger als unser Sohn noch kleiner war. Andererseits kann die Abwesenheit auch eine Chance für das Privatleben sein. Ein Kind ist zwar schön, aber auch anstrengend und stellt eine Beziehung gelegentlich auf die Probe. Eine „Auszeit“ von dem Familienalltag kann daher, sowohl für Katja als auch für mich, schön sein. Wenn beide eine ähnlich lange Zeit unterwegs sind, kann man die Drehzeit als Urlaub betrachten und sie sich gegenseitig gönnen. Dadurch ist einerseits die Zeit während des Drehs schön, andererseits freut man sich auf sein Zuhause und schätzt beides gleichermaßen.

„Auch ich kenne mich mit wenig Geld gut aus.“

Sie sind Schirmherr des Vereins „Hoffnung Spenden“. Ein Projekt, das Straßenkindern ein zu Hause bieten soll. Was hat Sie dazu bewogen sich in diesem Bereich zu engagieren?

Die kleine Organisation besteht nur aus Bernadette Kowolik selbst. Um meine Beweggründe zu erläutern, muss ich erst ihre Geschichte erzählen: Vor elf Jahren engagierte sie sich für ein soziales Projekt in Kampala, der Hauptstadt Ugandas. Während sie in den Slums Essen an die als wertlos angesehenen und verwahrlosten Straßenkinder verteilte, wurde sie von vier Erwachsenen überfallen. Einige sechsjährige Straßenkinder kamen und vertrieben die Angreifer mithilfe von Stöcken. Aus Dankbarkeit hat sie sich den Kindern angenommen und mietete unmittelbar nach dem Vorfall für sie ein Haus. Da Bernadette zu wenig eigene finanzielle Mittel zur Verfügung standen und sie mehr Presse für weitere Spenden benötigte, kontaktierte sie mich vor sechs Jahren.

Was Bernadette auf die Beine gestellt hat, hat mich total beeindruckt. Ich wollte mich jedoch nicht mit fremden Federn schmücken, nur weil ich einen Betrag spende und einen Beitrag bei Facebook verfasse. Dann fragt man sich: „Wer hilft hier eigentlich wem? Der Promi Afrika oder Afrika dem Promi?“ Mir war es wichtig, für einen längeren Zeitraum vor Ort gewesen zu sein. Außerdem hatte ich die Idee eine Dokumentation mit meinem Kollegen und Freund Gabriel Merz zu drehen, von dieser wir Filmausschnitte und Fotos auf der Homepage des Vereins platzierten.

Wie haben Sie die Kinder erlebt?

Es fällt sofort auf, dass sie eine ganz andere Dankbarkeit haben. Die ersten acht Kinder waren im Sommer sogar hier in Berlin und verzauberten uns alle mit ihrer Höflichkeit. Sie leben auch heute noch in prekären Verhältnissen, sind aber sehr glücklich über das, was sie haben.

Auch ich kenne mich mit wenig Geld gut aus. In so einer Gesellschaft, wie der unseren, ist es nicht einfach wenig Geld zu haben. Das Leben in Uganda zu sehen, rückt die Relation wieder ein bisschen zurecht.

Welche Impressionen konnten Sie von Ihrer Reise nach Uganda mitnehmen?

Uganda ist ein Land der Dritten Welt, mit allem Positiven und allem Negativen. Auf der einen Seite, begegnen einem die Menschen mit sehr viel Dankbarkeit. Auf der anderen Seite sieht man die verdreckten Slums mit ihren instabilen Lehmhütten. Zudem laufen in den Straßen schwer bewaffnete Wachmänner umher und einen verfolgt ein ungutes Gefühl, welches durch die Erzählungen der Kinder verstärkt wird. In Kampala existiert der schreckliche Aberglaube, dass man sich selbst stärken kann, wenn man einem Straßenkind den Kopf abschneidet. Wenn man das sieht, stellt man sich die Frage, wie man dort überhaupt leben kann.

„Popularität halte ich persönlich für nicht erstrebenswert und für eine Einschränkung der eigenen persönlichen Freiheit.“

Gibt es kommende Projekte bezüglich Film und Fernsehen, die Sie uns bereits bekannt geben dürfen?

Im Sommer habe ich gemeinsam mit Gaby Dohm und Tanja Wedhorn einen Film gedreht, der im Februar/März erschienen ist. Die Produktionen „Frühling“ und „SOKO“ laufen stets weiter. Im Moment bin ich nur dort tätig. Sonst muss man sehen, was neben „SOKO“ machbar ist, da sich die Produktion von Januar bis Dezember zieht. Die Anfrage zu dem eben angesprochenen Film im Sommer ließ sich nur mit „SOKO“ vereinbaren, da ich zu dem Zeitpunkt Sommerpause hatte.

Würden Sie gerne nach Hollywood oder ist Ihr Schauspieldurst mit der deutschen Filmproduktion gestillt? 

Natürlich würde jeder gerne einmal bei einer solch großen Filmproduktion mitarbeiten. Andererseits arbeite ich nicht für Hollywood und würde auch nicht an einem Casting teilnehmen. Dazu kommt, dass ich einen gewissen Grad an Bekanntheit nicht überschreiten möchte. Popularität halte ich persönlich für nicht erstrebenswert und für eine Einschränkung der eigenen persönlichen Freiheit.

Gibt es etwas, das Sie unseren Lesen abschließend mit auf den Weg geben möchten?

Wenn man sich auf sein Bauchgefühl verlässt, darf man nicht erwarten, dass es immer funktioniert. In meinem Fall hätte es auch genauso gut anders ausgehen können. Gerade im Hinblick auf meine Begegnungen in Uganda kann ich den Ratschlag geben, zu versuchen, den Moment, in dem einem etwas Gutes widerfährt, zu erkennen. Mir ist klar geworden, dass es nicht immer steil nach oben gehen muss, sondern dass es manchmal am Schönsten wäre, wenn alles so bleibt wie es ist.

Das Interview wurde geführt von Alina Lea Neugeberger, Isabelle Schneidewind und Antje Hedemann (v.l.)